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Das unterirdische Treibstoffdepot der sogenannten "Wifo"
mit dem Tarnnamen "Wasserberg"

Das Waldgebiet zwischen Blumenthal im Süden, Schwanewede im Osten, Neuenkirchen im Norden und Farge-Rekum im Westen wurde im November 1938 hermetisch abgeriegelt, entsprechend eingezäunt und durch SS-Truppenteile gesichert. Die Kommandantur- und Wachgebäude sowie die Fahrzeughallen der SS standen dort, wo sich heute die Schule In den Sandwehen befindet. Seit dem Frühjahr 1939 entstand in die-sem Waldgebiet ein unterirdisches Treibstoffdepot für Heer und Luftwaffe der Wehrmacht. Dabei handelte es sich um eine von insgesamt zehn Anlagen dieser Art, die damals im gesamten Reichsgebiet entstanden. Dieses Depot ist mit einem Fassungsvermögen von 320.000 Kubikmetern für die Ein- und Auslagerung von überwiegend Benzin und Kerosin die mit Abstand größte Anlage ihrer Art geworden und diente womöglich auch als Vorzeigeobjekt der Nazis. Sie besteht aus 80 tief im Boden vergrabenen, liegenden Stahlzylindern mit wiederum jeweils 4.000 Kubikmetern Kapazität. Der Bau dieses und der weiteren Depots dieser Art (zusätzlich entstanden noch 22 kleinere Heerestreibstoffdepots) wurde aus Sicht der Nazis erforderlich, nicht um den zivilen Straßen- und Luftverkehr zu entwickeln, sondern zur Vorbereitung und Führung eines modernen Krieges: Strategische Weiterentwicklung vom Stellungs- zum Bewegungskrieg, Indienststellung motorisierter Verbände, insbesondere der Panzertruppe, Entwicklung der "Blitzkriegsstrategie" und der Auf­bau einer modernen Luftstreitkraft sind die hier zu nennenden Aspekte, die alle zu ihrer Realisierung die Zur­verfügungstellung enormer Treibstoffmengen voraussetzten.

Die "Wifo", ein Kürzel für "Wirtschaftliche Forschungsgesellschft mbH", wurde 1934 eigens zu diesem Zweck gegründet. Bei der Namenswahl für die Gesellschaft handelte es sich um einen Tarnnamen der NS-Rüstung, denn der tatsächliche Unternehmenszweck sollte nicht aus dem Namen hervorgehen. Zunächst war die "Wifo" ein Regiebetrieb des Reichswirtschaftministeriums, geriet jedoch später in den Einflussbereich des IG-Farben-Konzerns.

Die Inbetriebnahme des Treibstoffdepots mit dem Tarnnamen "Wasserberg" erfolgte im Sommer 1940. Trotz seiner gewaltigen Dimensionen spielte es im Kriegsverlauf nicht die eigentlich zu erwartende Rolle. Zuvor wurden jedoch keine Kosten gescheut, den Betrieb zu ermöglichen: Das benötigte Areal wurde der Waldgenossenschaft im Jahre 1938 abgekauft, an der Weser in Farge eine Löschbrücke mit Pipeline-Anschluss in das Depot errichtet und in Blumenthal eine Siedlung für Fachkräfte, die aus dem gesamten Reichsgebiet kamen, geschaffen – die "Wifo"-Siedlung an der Eggestedter Straße. Dort entstanden Einzel- und Doppelhäuser im Heimatstil, die allesamt im Keller über einen Luftschutzraum mit Stahltür verfügten.

Das Treibstoffdepot entstand unter der Leitung der Berliner Baufirma Gottlieb Tesch GmbH; die Bauarbeiten erledigten zunächst freiwillige ausländische Arbeitskräfte. Später wurden überwiegend ausländische Zwangsarbeiter und sowjetische Kriegsgefangene eingesetzt. Mindestens 154 dieser Kriegsgefangenen starben 1941/42 bei diesem Einsatz. Sie wurden auf dem "Wifo"-Areal begraben und 1954 umgebettet zum Friedhof Bremen-Osterholz.

Im Mai 1940 wurde in einem der Unterkunftslager der Baufirma Tesch das zweite sogenannte "Arbeitserziehungslager" im Reichsgebiet eingerichtet. Zuständig für dieses wie ein KZ organisierte Lager war die Bremer Geheime Staatspolizei. Die Gestapo wollte mit diesem Lager für Abschreckung unter den ausländischen Zwangsarbeitern sorgen, um auf diese Weise die Arbeitsdisziplin zu fördern. Im Gegensatz zum KZ war die Haftzeit auf 56 Tage beschränkt – eine Garantie, diese Zeit zu überleben, gab es jedoch nicht.

Beim Luftangriff auf das "Wifo"-Areal am 30. März 1945 wurden nur geringe Bereiche des Treibstoffdepots zerstört. Die US-Army betrieb die Anlage zur Versorgung der eigenen Truppe bis 1958 weiter. Sie setzte in dieser Zeit überwiegend farbige GIs ein, die wegen der in der Army noch vorherrschenden Rassentrennung zumeist beim Nachschub dienten. Während der Blockade West-Berlins durch die sowjetischen Streitkräfte 1948/49 wurde die US-Army in West-Berlin fast ausschließlich über dieses Treibstoffdepot versorgt.

Nach 1958 wurde die Bundeswehr zum Betreiber der Anlage. In dieser Zeit erfolgte auch die Aufnahme in das Depotnetz der NATO. Anstatt zu demilitarisieren und die alten, von den Nazis gekappten Wegeverbindungen im Hinterland wieder herzustellen, verblieb das Areal im Bestand der militärischen Einrichtungen und ist seitdem für Zivilpersonen verboten.

Während des Kalten Krieges wurde das Netz der NATO-Treibstoffdepots detailliert an die Streitkräfte des Warschauer Paktes verraten. Es ist davon auszugehen, dass im Falle einer militärischen Auseinandersetzung auch das Depotareal bei uns zum taktischen Ziel der Luftstreitkräfte des Warschauer Paktes geworden wäre oder zumindest durch Luftlandekommandounternehmen hätte geschädigt oder ausgeschaltet werden sollen.

Nach jahrzehntelanger Nutzung verbleibt am Ende eine klassische Rüstungsaltlast: auf dem Grundwasser schwimmend, treibt eine Schadstofffahne seit Jahren in Richtung Weser, vorbei an den Brunnen zur Trinkwassergewinnung im Stadtteil Bremen-Blumenthal.

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